benajas apologetische Israel-Denkwerkstatt
 

 

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Sagt die Bibel den Bürgerkrieg in Syrien
    und den Untergang des modernen Damaskus voraus?“

Stellungnahme zu einer irregeleiteten Fragestellung – Fallbeispiel eines biblischen Missbrauchs

Inhaltsverzeichnis:

1. Vorbemerkung
    zum ideaSpektrum-Artikel
    „Thema des Tages vom 25. Juli 2012

2. Kommentar benaja zum Artikel

3. Kommentar eines Posters

4. Kommentar benaja zum Poster

 

Damaskus_Untergang

1. Vorbemerkung:
     „ Sagt die Bibel das Bürgerkriegschaos in Syrien voraus ? 
Dieser Titel mit der ergänzenden Fragestellung: „Ist die syrische Hauptstadt Damaskus dem Untergang geweiht?“ erschien am 25. Juli 2012 als online-„Artikel-des-Tages“ in dem evangelischen Nachrichten-Magazin „ideaSpektrum“ (siehe Grafik oben). benaja schrieb zwei Kommentare, die beide in ideaSpektrum im Anschluss an den Artikel veröffentlicht wurden.

Der Text im Nachdruck (rote Hervorhebungen benaja):

Sagt die Bibel das Bürgerkriegschaos voraus?
Ist die syrische Hauptstadt Damaskus dem Untergang geweiht?


„Siehe, Damaskus wird keine Stadt mehr sein, sondern ein zerfallener Steinhaufen“, so schreibt es der Prophet Jeremia (49,24-25). Manche Bibelwissenschaftler sind der Meinung, die Prophezeihung deute auf die Endzeit hin, in der es um Gottes Gericht über Israels Nachbarn gehe.

Damaskus (idea) – Syrien droht im Chaos des Bürgerkrieges zu versinken. Verblüffende Parallelen zu biblischer Prophetie sehen christliche Beobachter in den USA. Sie verweisen auf alttestamentliche Propheten. So heißt es im Jesaja-Buch (17,1): „Siehe, Damaskus wird keine Stadt mehr sein, sondern ein zerfallener Steinhaufen.“ Und der Prophet Jeremia schreibt (49,24-25): „Damaskus ist verzagt und wendet sich zur Flucht; es zittert und ist in Ängsten und Schmerzen wie eine Frau in Kindsnöten. Wie ist sie nun verlassen, die berühmte und fröhliche Stadt!“ Zwar halten manche Bibelwissenschaftler besonders die Jesaja-Stelle für einen Hinweis auf die historische Zerstörung von Damaskus durch die Assyrer im Jahr 732 vor Christus, doch andere halten sie für endzeitliche Voraussagen. So schrieb der christliche Bestsellerautor Joel C. Rosenberg (Washington) bereits im Juni, diese Prophezeihungen seien noch nicht erfüllt. Der Zusammenhang der Jesaja- und Jeremia-Stellen deute auf die Endzeit hin, in der es um Gottes Gericht über Israels Nachbarn gehe.

2. Kommentar benaja zum Artikel:

benaja.at | 27.08.2012 um 13:15 Uhr

„Verblüffende Parallelen zu biblischer Prophetie“ ? Wie bitte ? ?  –  Sehen wir uns das doch mal genauer an:

Jesaia und Jeremia weissagten über zwei vollkommen verschiedene Ereignisse zu verschiedenen Zeiten (im Vorspann des Artikels sogar noch gegen einander verwechselt…!), nur nicht von 2012! Die Jesaia-Stelle handelt von der assyrischen Zerstörung von Damaskus im Jahr 732 v.Chr., Jeremia dagegen kündigte ein Jahrhundert später dessen kriegerische Heimsuchung durch den neubabylonischen König Nebukadnezar im Anschluss an die Schlacht von Karkemisch 605 v.Chr. an, also für einen Zeitpunkt, als das assyrische Reich bereits endgültig vernichtet und damit der Weg der Babylonier nach Damaskus frei geworden war.

Der zitierte „christliche Bestsellerautor“ behauptet also, „diese Prophezeihungen“ (siehe Rechtschreibfehler!) seien „noch nicht erfüllt“ ? „Der Zusammenhang [sic!] der Jesaja- und Jeremia-Stellen deute auf die Endzeit hin, in der es um Gottes Gericht über Israels Nachbarn [sic!] gehe“ ?? Grundfalsch! Beide Weissagungen sind erfüllt, und der „Zusammenhang“ von Jes 17,1 ist unmissverständlich klar, aber nur, wenn man den „Zusammenhang“ – die beiden nächstfolgenden Verse 2 und 3 – auch wirklich liest! Der wird hier nämlich (absichtsvoll?) gar nicht angegeben…

Jes 17,2-3: „Zu Ende ist es mit dem Bollwerk für Ephraim [Anm: Nord-Israel] und mit dem Königtum für Damaskus.“

Merke: Wer einen „Zusammenhang“ zwar reklamiert, ihn aber gleichzeitig verschweigt, der noch dazu genau das Gegenteil aussagt, macht sich des Betrugs schuldig.

Das bei Jesaia angekündigte Strafgericht galt für beide gleichzeitig: Nord-Israel UND Damaskus! Warum verschweigt das dieser „christliche Bestsellerautor Joel C. Rosenberg“ und zaubert da stattdessen ein (judaistisch-zionistisch motiviertes) „Gottes Gericht über Israels Nachbarn“ hinein? Weil er Stolpersteine für seine anti-biblischen Orakelbücher vermeiden will. Die Parallelstelle zu Jesaia 17,1-3 bei Amos 1,3-5, bekanntlich einige Jahre vor 750 v.Chr. verfasst – von Rosenberg folgerichtig ebenfalls verschwiegen –, ist die ultimative Bestätigung für die Erfüllung auf 732 v.Chr. hin (Am 1,3-5; vgl. 2.Kön 16,9; Übersetzung mit Anmerkungen von Hermann Menge):

„So hat der HERR gesprochen: Wegen der drei, ja vier Freveltaten von Damaskus mache ich es [d.h. das von mir beschlossene Strafgericht] nicht rückgängig! [d.h. ich will meinen Beschluss zu strafen nicht unausgeführt lassen]. Weil sie Gilead mit eisenschneidigen Dreschwalzen gedroschen haben [also schwerste Kriegsverbrechen an den Bewohnern], will ich Feuer in das Haus Hasaels schleudern: das soll die Paläste Ben-Hadads verzehren. Und ich will den Riegel von Damaskus zerbrechen und die Bewohner ausrotten aus Bikath-Awen [d.h. dem Sündental] und den Zepterträger aus Beth-Eden [d.h. dem Lusthause]; und das Syrervolk soll nach Kir zurückwandern [oder: in die Verbannung geschleppt werden, nämlich dorthin, wo sie hergekommen waren! Amos 9,7!] – der HERR hat es ausgesprochen.“

Warum sagt Jesaia das Strafgericht für Aram-Damaskus UND Israel gemeinsam voraus? Weil sie sich rebellisch GEMEINSAM gegen die Assyrer verschworen und die auferlegten Tributzahlungen eingestellt hatten und das Südreich Juda unter Kriegsdrohungen erpressten, ihrer antiassyrischen Allianz beizutreten! So kam noch umso härter die aufgrund ihrer Verbrechen verdiente Zuchtrute Gottes für Ephraim-Israel und Aram-Damaskus durch die Hand der Assyrer über sie, deren Tributherrschaft sie gehorsam und friedlich akzeptieren hätten sollen!

Die heutigen Bewohner Syriens sind keine Aramäer mehr, sondern Araber, Kurden, Armenier, Palästinenser und Nusairier („Alawiten“) und auch Nachkommen früherer Immigranten wie Mameluken, Seldschuken, Osmanen und Tscherkessen. Wer in die Texte der alttestamentlichen Propheten das  m o d e r n e   D a m a s k u s  und das  H a u s   a l - A s s a d  hineinliest und auf solche Weise „Kryptoexegese“ betreibt, verdreht Gott das Wort und macht sich schuldig, die Öffentlichkeit zu manipulieren und die Bibel zum Gespött zu machen gegenüber der Welt, wenn die „Erfüllung“ der manipulierten Bibel-„Auslegung“ dann nicht eintritt, so wie etwa beim georakelten „Fall Babylons“ während der Golfkriege oder im vorigen Jahrhundert bei der „unmittelbar bevorstehenden Invasion der Sowjetunion mittels Luftbrücke nach Israel“.

Was soll’s, die „Christen“, die nur zusammenhanglose Losungsbuchverse lesen, aber solche „Endzeit“-Orakelbücher verschlingen, wollen doch auch ihren endzeitmystischen Nervenkitzel….

3. Kommentar eines Posters:

Qualle | 27.07.2012 um 11:53 Uhr
Ein völlig unnötiger und unseriöser Artikel! Wir leben seit Golgatha in der sog. „Endzeit“. Wir könnten für jedes zeitgenössische Ereignis irgendein Propheten-Zitat finden, das passt. Solche naiv-dispensationalistische Meldungen kann man sich getrost ersparen.

4. Kommentar benaja zum Poster:

benaja.at | 19.08.2012 um 21:49 Uhr

„Seit Golgatha in der Endzeit“ ?? Dafür findet sich in der Bibel kein Beleg, aber abgesehen davon: Wie kann eine „Zeit des Endes“ tausende Jahre lang andauern?? Lassen wir uns doch die Bibel durch eine solche bizarre Behauptung nicht zum Gespött machen! Die biblische Endzeit („die letzte Zeit des Zorns“) begann im weiteren Sinn mit dem frevelhaften Treiben des letzten Griechenkönigs Antiochus Epiphanes (Dan 8,15-26), im engeren Sinn mit der Verkündigung an die Jungfrau Maria, Lk 1,35; Gal 4,4; Hbr 1,1-2a; 9,26; 1.Pt 1,10-11. Durch sie ist der Zeitpunkt „aller Verheißungen Erfüllung nahe gekommen“, und zwar sowohl aller Strafgerichts- als auch aller Erlösungsverheißungen, sowohl des vorlaufenden „Jahres der Gnade“ als auch der abschließenden „Tage der Vergeltung“ (Lk 4,17-21; 21,20-22 mit Deut 32,35-36 aus dem „Lied des Mose“, vgl. Hbr 10,26-31; Jes 61,1f).

Johannes der Täufer war der für die Endzeit ausersehene letzte Prophet des Alten Bundes an der Schnittstelle der Äonenwende und zugleich Herold des kommenden Mittlers des Neuen Bundes, des verheißenen Messias (vgl. Mal 3,23-24 mit Lk 1,16-17.76-77). Er verkündete, dass mit dem nahenden Ende des Alten Bundes für das Haus Israel eine drastische und gewaltsame, sichtbare und endgültige Entzweiung geschehen werde, wie sie schon seit Anfang an, z.B. im „Lied des Mose“, angekündigt war. Die drohende Verwerfung der Unbußfertigen des bundesbrüchigen Volkes mitsamt ihren nutzlos gewordenen opferkultischen Einrichtungen veranschaulichte er mit den beiden Wortbildern der „Axt“, die bereits „den Bäumen an die Wurzel gelegt“ war, und dem „unlöschbaren Feuer“ der Verbrennung. Dieses Endgericht würde zuletzt buchstäblich an denen vollzogen werden, die nicht nur den auferstandenen und zur Rechten Gottes erhöhten Messias, sondern darüber hinaus seine bevollmächtigten Gesandten (Apostel) verleugneten und verfolgten und eine gewährte vierzigjährige Gnadenfrist zur Umkehr und Errettung ungenützt ließen. „Jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen“, warnte Johannes vor dem Kommen dessen, der sie „mit Feuer [des Gerichts] taufen wird“.

Gleichzeitig kündigte er auch die von den Propheten verheißene Neu-Geburt und Errettung der Bußfertigen aus dem Überrest Israels durch den Kommenden an, der an ihrer Statt als „Lamm Gottes“ die Sünde tragen und sie „mit heiligem Geist taufen wird“ (Mt 3,7-12 mit Apg 2). Das Bekenntnis des Herolds: „Er muss wachsen, ich dagegen muss abnehmen“, kennzeichnet den Prozess des zu-Ende-Gehens des alten Äons einerseits, für das Johannes der Täufer stand, und das rasche, übernatürliche Wachstum des neuen, ewigen Reiches des Messias wie aus einem Senfkorn andererseits (Lk 13,18).

Es wäre eine üble Irreleitung der Zuhörer gewesen, ihnen Verfolgungen und Strafgerichte in einer Weise vor Augen zu stellen, als würden diese ihrer eigenen Generation nur scheinbar gelten, in Wirklichkeit aber erst in mehreren tausend Jahren eintreffen und auf völlig andere Bevölkerungsgruppen zielen, ohne dass dies auch nur mit einem leisen Wort angedeutet worden wäre (z.B. Mt 10,17-23). Darüber hinaus ergäbe es keinerlei Sinn, der Ankündigung eines noch nicht angebrochenen, ja seinem Wesen nach weitgehend noch verborgenen neuen Zeitalters eine detaillierte Beschreibung seines Abschlusses und seines finalen Infernos vorzuziehen, das noch in unvorstellbar ferner Zukunft läge. Zudem hätte die neue Heilszeit sofort mit ihrer „Endzeit“ begonnen und sich mit ihr zur Gänze gedeckt – derartige Anachronismen und Absurditäten sind dem Wort Gottes aber wohl nicht zu unterstellen!

Nota bene: Die Bibel unterscheidet sehr präzise zwischen „in der Ferne“ liegenden und „bald“ oder „nahe“ bevorstehenden Ereignissen und Erfüllungen. „Endzeit“ und „letzte Tage“ des damaligen (levitischen) Zeitalters lagen in alttestamentlicher Zeit noch in ferner Zukunft und wurden dementsprechend bis zum Zeitpunkt ihrer Erfüllung „versiegelt“ (Dan 8,26; 12,4.9). In den Zeugnissen des Neuen Testaments dagegen wurden die geweissagten Ereignisse „entsiegelt“ (Offb 5,1-5), weil ihre Erfüllung definitiv „nahe“ gekommen war. Die neutestamentlichen Belege dazu sind zahllos – dazu zwei markante Beispiele: Das erste Beispiel aus dem in den 60er Jahren verfassten Buch der „Offenbarung“ des Evangelisten Johannes, dem im Stil alttestamentlicher Gerichtspropheten das baldige zu Ende Gehen der levitischen Herrschafts- und Heilsordnung vor Augen geführt wird: Offb 1,1: „was BALD geschehen muss“, Offb 1,3: „die Zeit [der Erfüllung] ist NAHE“. Das zweite Beispiel, im selben Jahrzehnt verfasst und auf dieselbe erschütterliche Umwälzung Bezug nehmend (Hbr 8,13):

„Indem er hier von einem »neuen« (Bunde) redet, hat er den ersten für veraltet erklärt; was aber veraltet ist und sich überlebt hat, das geht dem Untergang entgegen. (Wörtlich: „das ist  d e m   V e r s c h w i n d e n   n a h e . )

Wer das nicht wörtlich nimmt, so wie es wörtlich gemeint war – und wenige Jahre später auch wörtlich erfüllt wurde!

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