benajas apologetische Israel-Denkwerkstatt
 

 

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Was ist Judentum, was ist Christentum im  u r s p r ü n g l i c h e n  Sinn?
Eine Apologie zur Klarstellung verbreiteter Missverständnisse

Was ist „Judentum“ und was ist „Christentum“,
     was sind „Juden“ und „Christen“ im  u r s p r ü n g l i c h e n  Sinn – nach  b i b l i s c h e m  Verständnis?

   Inhaltsverzeichnis:

  • These 1:
    „Christentum“ = Frühjudentum „plus“ Herzensglaube an Jesus von Nazareth, den verheißenen „Messias“
    (Jeschua Ha-Maschiach)
       a) „Juden“ im biblischen Sinn
       b) „Christen“ im biblischen Sinn
       c)  K e i n   U n t e r s c h i e d  zwischen (wahren) „Juden“ und (wahren) „Christen“ im  b i b l i s c h e n  Sinn
  • These 2:
    „Anti-Christentum“ = Spätjudentum ohne Messias, anti-messianischer („messianistischer“) Judaismus
    • Frühjudentum versus Spätjudentum
    • Frohe Botschaft versus knechtische Religion
    • Exkurs zum Ölbaum-Gleichnis [Hinweis: in der Druckversion nicht enthalten]
    • „Christentum“ als gereinigtes und vollendetes (Früh-) Judentum – Judaismus hingegen als häretische Abspaltung
    • Christentum versus Folklore-Kirchentum
  • Zusammenfassung und Fazit

These 1:
   „Christentum“ = Frühjudentum
 *„plus“ Herzensglaube an Jesus von Nazareth,
   den verheißenen „Messias“
 * * (Jeschua Ha-Maschiach)

* Anmerkung zum „Frühjudentum“: Zur Vermeidung von Missverständnissen beim Gebrauch des Begriffs „Judentum“ gilt es, Frühjudentum vom Spätjudentum auseinanderzuhalten, siehe unten.

* * Hinter dem hebräischen Begriff „Messias“ (= lat.: Christus, deutsch: Gesalbter [Gottes]) standen die vielfältigen Weissagungen eines zukünftigen Nachkommens Abrahams, aus dem Stamm Juda (1.Mose 49,8-12) und dem Haus der königlichen Linie Davids (2.Sam 7,12-16), der ein gerechter Friedefürst sein würde (Jesaia 9,5-6) und der das Volk erlösen würde von seinen Sünden und von dem Bruch seines Vertrags mit Gott, und zwar dadurch, dass er selber das gerechte Gericht Gottes dafür stellvertretend und sühnend auf sich nehmen würde für alle, die ihr Vertrauen auf ihn setzen, sowohl aus Israel als auch aus den Heidenvölkern gleichermaßen (vgl. Jesaia 53 u.a.).

Begriffserklärungen anhand bedeutsamer Schriftstellen:

a) „Juden“ im biblischen Sinn:

„Denn nicht der ist (in Wahrheit) ein Jude, der es sichtbar (= äußerlich) ist,
und die (rechte) Beschneidung besteht  n i c h t  in dem, was äußerlich am Fleisch vorgenommen wird;
n e i n ,  ( n u r )   d e r   i s t   e i n   J u d e ,  d e r   e s   i n n e r l i c h   i s t ,
und die Beschneidung muss am Herzen vollzogen sein im Geist
,
n i c h t   ( ä u ß e r l i c h )   n a c h   d e m   B u c h s t a b e n  –
das Lob (oder: die Anerkennung) eines solchen kommt nicht von Menschen her, sondern von Gott.“

     (Römerbrief 2,28-29; vgl. 9,8)
      Sämtliche Bibelzitate  – samt „( )“-Einfügungen  – nach der Übersetzung von Hermann Menge.

„Denn  w i r  sind die (rechte) Beschneidung (d.h. das wahre Israel; vgl. Röm 2,26-29), die wir Gott im Geiste dienen und unsern Ruhm in Christus Jesus suchen und unser Vertrauen nicht auf das Fleisch (oder: Äußerlichkeiten) setzen.“
   
  (Philipperbrief 3,3)

b) „Christen“ im biblischen Sinn:

„Barnabas begab sich dann von dort nach Tarsus, um Saulus aufzusuchen; und als er ihn gefunden hatte, nahm er ihn mit nach Antiochia; und es fügte sich dann so, dass sie ein ganzes Jahr hindurch als Gäste in der Gemeinde tätig waren und eine beträchtliche Menge unterwiesen und dass man in Antiochia zuerst den Jüngern den Namen ›Christen‹ (wörtlich: Christianer) beilegte.“
     (Apostelgeschichte 11,25-26)

c)  K e i n   U n t e r s c h i e d  zwischen (wahren) „Juden“ und (wahren) „Christen“ im  b i b l i s c h e n  Sinn:

„Wenn du »mit deinem Munde« Jesus als den Herrn bekennst und »mit deinem Herzen« glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet werden. Denn mit dem Herzen glaubt man (an ihn) zur Gerechtigkeit (= und wird dadurch gerecht), und mit dem Munde bekennt man (ihn) zur Errettung (= und wird dadurch gerettet). Sagt doch die Schrift (Jes 28,16): »Keiner, der auf ihn sein Vertrauen setzt (oder: an ihn glaubt), wird zuschanden (= enttäuscht) werden.« Denn hier gibt es keinen Unterschied zwischen dem Juden und dem Griechen (1,16): sie alle haben ja einen und denselben Herrn, ihn, der sich reich erweist an allen, die ihn anrufen; denn »jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden« (Joel 3,5).“
     
(Römerbrief 10,9-13)

Demgemäß wurden als „Christen“ Menschen bezeichnet, die – ohne Unterschied, ob beschnitten oder unbeschnitten – ganzherzig an Jesus von Nazareth als den verheißenen und auferstandenen Messias (= Christus) glaubten und sich zu ihm bekannten, nachdem sie darin unterwiesen worden waren, als „Jünger“ (d.h. Schüler) in seine Nachfolge zu treten.  D a m i t   e r f ü l l t e n   b e i d e  –  J u d e n   w i e   N i c h t j u d e n  („Griechen“) –  d i e   e i g e n t l i c h e   B e s t i m m u n g   w a h r e n   J u d e -   u n d   M e n s c h s e i n s .

Dabei galten unter Jesus-Nachfolgern alle messianisch-prophetischen Schriften von Mose bis Maleachi („Mose und die Propheten“, das „Alte Testament“) als autoritativ (vgl. 2.Tim 3,14-17) und wurden von ihnen auf den darin geweissagten Messias Jesu hin ausgelegt (vgl. Lk 24,25-27; Jh 5,39.46; vgl. unten Literaturangabe zu Risto Santala). Dieses Verständnis liegt dem „Neuen Testament“ zugrunde, sodass demgemäß das „Alte Testament“ als  A n k ü n d i g u n g  des Messias und gemeinsam mit dem „Neuen Testament“ als dessen  E r f ü l l u n g  das vollständige, endgültige Wort Gottes, die Frohe Botschaft an alle Menschen, bildete (Hbr 1,1-4; Mt 28,18-20).

These 2:
   „Anti-Christentum“ = Spätjudentum ohne Messias,
   anti-messianischer („messianistischer“) Judaismus

Der Glaube an einen „anderen Messias“ judaistisch-nationalistischer Prägung sollte – zwecks Unterscheidung gegenüber der Bezeichnung „messianisch“ – als „messianistisch“ bezeichnet werden, etwa wie jener Glaube der Zeloten des 1. Jahrhunderts, die einen jüdischen, militärpolitischen Befreier von der römischen Oberherrschaft erwartet hatten, oder wie der Glaube der heutigen national-religiösen, jüdisch-neozionistischen Siedlerbewegung „Gush Emunim“, die  i n   d e r   B e s i e d l u n g   d e r   P a l ä s t i n e n s e r g e b i e t e  – mit welchen Mitteln auch immer –  e i n e   V e r w i r k l i c h u n g   d e s   „ m e s s i a n i s c h e n   E r l ö s u n g s p r o z e s s e s “  sieht * * *.

* * * vgl. Steffen Hagemann: „Die Siedlerbewegung. Fundamentalismus in Israel“,
         Wochenschau Wissenschaft Verlag 2010.

Frühjudentum versus Spätjudentum

Die Unterscheidung zwischen Früh- und Spätjudentum folgt der Lehre des Neuen Testaments entsprechend der Auseinandersetzung Jesu und der Verfasser des Neuen Testaments – die jüdischer Herkunft waren! – mit dem Mainstream-Judaismus ihrer Zeit, dem „Spätjudentum“, wenn sie die Bezeichnungen „Juden“ (besonders im Johannes-Evangelium) und „Judentum“ im kritischen Sinn gebrauchten. Das war kein „Antisemitismus“ (wie manche irrtümlich unterstellen) oder gar „Abfall vom Judentum“, sondern eine Abgrenzung der dem Frühjudentum treu Gebliebenen gegenüber spätjüdischen bzw. außerbiblischen Sonderlehren, politisch-nationalistischen „Messias“-Erwartungen und Machtansprüchen geistlicher und weltlicher Art der damals herrschenden Judenheit.

Mit anderen Worten:

Den Unterschied des Spätjudentums zum Frühjudentum macht die nachträgliche Überlagerung der Thora und der Prophetenschriften (des „Alten Testaments“) mit späteren jüdischen Lehren, Vorstellungen und Gebräuchen aus, wie sie in der rabbinischen Tradition entstanden waren und später mit gnostisch-pantheistischer Mystik bis hin zum „jüdisch“-kabbalistischen Okkultismus des zweiten Jahrtausends amalgamiert worden sind und auf diese Weise das heute vorherrschende „Judentum“ prägen. Ihre Ursprünge gehen bereits in die Zeit nach dem babylonischen Exil zurück und wurden von Jesus, dem Messias (hebr.: Jeschua Ha-Maschiach), in allen vier Evangelienberichten nachhaltig und scharf getadelt und verworfen, nicht um die Thora aufzuheben, sondern um sie zu erfüllen (Mt 5,17-20). Denn Jeschuas Widersacher hatten Gottes Wort und Auftrag an die Glaubensväter und dessen sozialen Implikationen der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit geradezu ins Gegenteil verkehrt (vgl. Mk 7,1-23; Mt 23,23; 21,12-13; 5,1-12 u.v.a.m.), wie auch seine oftmalige autoritative Redewendung: „Ich aber sage euch…“ deutlich macht.

Frohe Botschaft versus knechtische Religion

Schon das  F r ü h j u d e n t u m  war „Frohe Botschaft“, nicht nur für Israel, sondern für alle Menschen (vgl. Jes 42,6; 49,6; 52,7; 52,7; 58,5-12; 61,1; Lk 2,32; Apg 13,47; 26,23). Sie rief aus Götzendienst, menschenverachtenden Ritualen, Kinderopfern, Totenkult, mühsamen Selbsterlösungsversuchen, sozialer Ungerechtigkeit und Unterdrückung der Frauen heraus und führte zur befreienden Erkenntnis des Schöpfergottes in der Thora und deren Gebote zur Gerechtigkeit und zur Verantwortung auch gegenüber Fremden, der Nächstenliebe „ohne Ansehen der Person“, dem Ursprung heutiger Menschenrechte.

Das  S p ä t j u d e n t u m  hingegen führte zurück in abergläubische, heidnische Riten und Gebräuche, geheime Praktiken, versklavende Gesetzlichkeit, elitäre Dünkel, Machtgier und Eroberungspolitik. Die unverdiente „Erwählung“ Israels als Auftrag zum Evangeliumsdienst an der Welt wurde in das Gegenteil chauvenistischer Arroganz gegenüber Fremden, Elenden und Nichtjuden verkehrt.

Aufgrund der missverstandenen und der zu Unrecht auf sich bezogenen, vermeintlichen „Auserwähltheit“ behauptet die politisch einflussreiche  m e s s i a n i s t i s c h e   S i e d l e r b e w e g u n g  (siehe oben) nach ihren Wegbereitern, Großrabbiner A.J. Kook und seinem Sohn, über die Ansprüche aller anderen Völker hinweg einen ungeteilten und alleinigen Anspruch auf das gesamte israelitische Land der Frühgeschichte zu haben und der moralischen Gesetze „von Gott“ entbunden worden zu sein, denen die „normalen“ Nationen unterworfen sind. Nach Kooks Lehre muss das Heilige zu seiner Vollendung den Weg durch das Unheilige gehen.

Der froh machende, erlösende Charakter der Offenbarung JHWHs, des lebendigen Gottes, der Abraham, Isaak und Jakob erwählt hatte zum Heil für alle Völker – deshalb Gottes Namensänderung von „Abram“ (= „erhabener Vater“) auf „Abraham“ (= „Vater einer Menge [von Völkern]“, 1.Mo 17,5) –, war zur Zeit der Ankunft des Messias Jesus neuerlich einer dumpfen, beschwerlichen Pflichterfüllungsreligion mit selbsterlöserischer Abhängigkeit von ausbeuterischen elitären Sekten (Pharisäertum, Tempelpriester) und politisch-utopistischen, gewalttätigen Unabhängigkeitskämpfern (Zeloten und Sikarier) gewichen. Letztere waren gleichsam jüdische „Jihadisten“, die in den paramilitärisch-zionistischen Vorkämpfern für einen jüdischen Staat im 20. Jahrhundert wie der Haganah nach 1929, der Untergrundarmee Irgun nach 1937 und der terroristischen Stern-Gruppe späte geistige (nicht genetische) Nachfahren bzw. Entsprechungen gefunden haben.  W e d e r   f ü r   d a m a l s   n o c h   f ü r   h e u t e   f i n d e t   s i c h   i n   b i b l i s c h e n   Q u e l l e n   e i n e   A u f f o r d e r u n g   z u r   E t a b l i e r u n g   e i n e s   „ j ü d i s c h e n “   ( j u d a i s t i s c h e n )   m i l i t ä r p o l i t i s c h e n   o d e r   w i e   i m m e r   g e a r t e t e n   „ J u d e n s t a a t e s “ .

Der Sabbat als ursprünglicher Fest- und Feiertag froher Erinnerung an die Befreiung aus ägyptischer Sklaverei und Götzendienst ist im Spätjudentum zum Tag ängstlicher Beobachtung zahlloser, von Rabbinen erfundener Bestimmungen verkommen, die dem Geist des Sabbat-Gebots diametral widersprechen. So ist die Sabbat-Frage zum Inbegriff der tödlichen Auseinandersetzung Jesu mit dem knechtischen Totalitarismus der spätjüdischen Ideologie Jerusalems geworden (vgl. Mk 2,23-28; 3,1-6; Lk 13,14-17; 14,1 6; Jh 5,16; 9,16).

Exkurs zum Ölbaum-Gleichnis:

Manche verweisen auf das Ölbaum-Gleichnis im Römerbrief Kapitel 11,16-24 und meinen, „das Christentum“ würde „vom Judentum abstammen“ oder aus ihm hervorgekommen sein. Der Apostel Paulus, ehemaliger gesetzestreuer, gleichsam untadeliger „Paradepharisäer (Phil 3,5-6; 2.Kor 11,22-23), meinte aber mit der „Wurzel nicht das Spätjudentum, dem er selber angehört hatte. Sein „Judentum“ (Gal 1,13), dessen Bräuche und pharisäische Gesetze, die ihm früher „Gewinn“ bedeutet hatten, hielt er nun, da er den Messias hatte, für „Schaden, ja sogar für „Kehricht:

Doch das, was ich (früher) für Gewinn (oder: Vorzüge) hielt, das habe ich um Christi willen für Verlust (oder: Schaden) zu achten gelernt; ja, ich achte sogar unbedingt alles für Schaden gegenüber der unendlich wertvolleren Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn,  u m   d e s s e n   w i l l e n   i c h   d a s   a l l e s   p r e i s g e g e b e n   h a b e  und es geradezu für Kehricht (oder: Unrat) halte, damit ich nur Christus gewinne.
     (Phil 3,7-8)
Anmerkung: Kehricht oder Unrat, griech. skubalon:
jeglicher Abfall wie die Exkremente von Tieren, Abschaum, Mist, Bodensatz, verabscheuenswerte Dinge

„Judentum“, das waren für ihn – aus eigener reuevoller Erfahrung – diejenigen seiner Volksgenossen, unter deren Ablehnung und bitterer Verfolgung alle litten, die sich zu dem Messias Jesus bekannten (vgl. 1.Tim 1,13; Apg 22,3-8; 26,9-14.21; Phil 3,2; 2.Kor 11,24-25). Das war nicht die Wurzel! Vielmehr entsprachen dem Judentum, das den Messias nicht annahm (vgl. Joh 1,11), die im Ölbaum-Gleichnis ausgebrochenen Zweige.

Es war dieses Judentum, aus dem der erhöhte Messias den Juden Saulus (Paulus) nach seiner Errettung laut Apg 26,17 „herausnahm“ und von dem er ihn „befreite“! Griech. exaireo (nach W.Bauer): „herausnehmen“, „jemanden  a u s   e t w a s   h e r a u s r e i ß e n “,  „ v o n   e t w a s   b e f r e i e n “.

Danach hat sich Paulus ausschließlich auf den Glauben des Frühjudentums bzw. der „Väter“ rückbezogen (Apg 13,32-41; 22,14; 26,6.22-23), nämlich auf den Glauben Abrahams, Isaaks und Jakobs (Röm 4,12-25; Gal 3,6-14), auf ihre Hoffnung auf den Messias (Hbr 11,8-12). Dieser ist die „heilige Wurzel“, die all jene trägt, die an ihn glauben und „in ihn eingepfropft“ sind (Röm 11,16; Offb 5,5).

Wenn aber das Erstlingsbrot (d.h. die Erstlingsgabe vom Teig) heilig ist (4.Mose 15,19-21), so ist es auch die (ganze übrige) Teigmasse; und wenn die Wurzel heilig ist, so sind es auch die Zweige. Wenn nun aber einige von den Zweigen herausgebrochen worden sind und du, der du ein wilder Ölbaum(zweig) warst,  u n t e r   s i e   e i n g e p f r o p f t   w o r d e n   b i s t   u n d   d a d u r c h   A n t e i l   a n   d e r   W u r z e l ,   d i e   d e m   Ö l b a u m   d i e   F e t t i g k e i t   s c h a f f t ,  e r h a l t e n   h a s t * ,  so rühme (oder: überhebe) dich deswegen nicht gegen die (anderen) Zweige! Tust du es dennoch (so bedenke wohl): nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.
     (Röm 11,16-18)

Der Messias, die „heilige Wurzel“, heiligt die Seinen durch seinen Geist (das „Öl“, die „Fettigkeit“) und trägt sie – entweder er, oder es sind nicht die Seinen.

* „ [ . . . ] unter sie eingepfropft worden bist und dadurch Anteil an der Wurzel, die dem Ölbaum die Fettigkeit schafft, erhalten hast“: vgl. die Parallele in Eph 1,13-14, hier ohne Metapher:

„In ihm seid auch ihr, nachdem ihr das Wort der Wahrheit, die Heilsbotschaft von eurer Rettung, vernommen habt und zum Glauben gekommen seid, mit dem verheißenen heiligen Geist versiegelt worden,
der das Angeld (oder: Unterpfand; vgl. 2.Kor 1,22) für unser Erbe ist (und) für die Erlösung seiner Eigentumsgemeinde (Bürgschaft leistet), zum Lobpreis seiner Herrlichkeit.“

Nota bene: Paulus hatte nicht mit dem geoffenbarten Glauben der Väter gebrochen, vielmehr hatte er die Erfüllung ihrer Hoffnung auf die Auferstehung in dem Messias Jesus gemäß den prophetischen Schriften erkannt:

„Das freilich bekenne ich dir offen, dass ich nach der Glaubensrichtung (vgl. 22,4), die sie als Sekte bezeichnen, dem Gott unserer Väter in der Weise diene, dass ich allem, was im Gesetz und was in den Propheten geschrieben steht, Glauben schenke und auf Gott dieselbe Hoffnung setze, welche auch sie selbst hegen, dass nämlich eine Auferstehung der Gerechten wie der Ungerechten stattfinden wird.
     Apg 24,14-15)

Gebrochen hat er allerdings radikal mit den Verirrungen des (Spät-) Judentums seiner Zeitgenossen und ihrem Abfall vom Glauben Abrahams. Darin folgte er der Lehre und dem Urteil seines HERRN (vgl. Joh 8,16-59).

„Christentum“ als gereinigtes und vollendetes (Früh-) Judentum
– Judaismus hingegen als häretische Abspaltung

„Christlich“ und „messianisch“ bzw. „Christos/Christus“ und „Messias“ ist dasselbe Wort in griechischer/latinisierter und hebräischer Sprache. Es ist von daher grotesk und irreführend, wenn einerseits die Begriffe „christlich“/„Christus“/„Christentum“ auf ein „nichtjüdisches“ Zeitalter und andererseits „messianisch“/ „Messias“/ „messianisches Reich Gottes“ auf ein „jüdisches“ Zeitalter bezogen werden, wie es in chiliastischen Kreisen – offenbar unreflektiert – geschieht.

„Christentum“ im ursprünglichen Sinn kann daher  n i c h t  als „Abspaltung“ vom Judentum verstanden werden, schon gar nicht vom Spätjudentum, sondern als Frucht, Erfüllung und Vollendung des Frühjudentums bzw. dessen messianischer Weissagungen, wie dies im Neuen Testament, vor allem im Römer- und Galaterbrief, aber auch im Kolosserbrief und an vielen anderen Schriftstellen, erläutert und anhand der Schriften der Propheten belegt wird. So haben es Jesus und seine Schüler gelehrt, die allesamt unverbrüchlich der Thora und den Prophetenschriften verpflichtet waren und diese – hermeneutisch korrekt – auf den Messias Jesus hin ausgelegt haben (siehe Risto Santala in: „Der Messias im Alten Testament im Licht der rabbinischen Schriften“, 1997, Ersterscheinung 1992 in Jerusalem).

Vielmehr war – genau umgekehrt – das  S p ä t j u d e n t u m  eine „Abspaltung“ bzw. graduelle Entfernung vom Frühjudentum, von „Mose und den Propheten“, ein „Ausbrechen“ aus der „Ölbaum-Wurzel“ gemäß dem Gleichnis von Röm 11, ein Verlassen des „geraden Weges“ auf Abwege fremdartiger Lehren und Rituale (vgl. z.B. Hbr 13,9). Deshalb wird dieses von den authentischen Quellen abgewichene und von fremden – etwa hellenistischen – Einflüssen überlagerte Spätjudentum auch als „Judaismus“ bezeichnet. Infolge dieser Abirrung wurden dessen Anhänger von den eigenen Volksgenossen, den jüdischen Gesandten des Messias, als „verkehrtes Geschlecht“ erkannt: Es hatte  d i e   m e s s i a n i s c h e   V e r h e i ß u n g   v e r w i r k t ,   s o f e r n   e s   i n   s e i n e r   A b l e h n u n g   v e r h a r r t e  (Apg 2,39-40; vgl. 1.Pt 1,18-19; Röm 9,1; 11,23).

Nota bene:

Judaismus-Kritik als inhaltliche, religionsvergleichende Beurteilung spätjüdischer Lehren und Bräuche wie auch nationalistischer Gewaltpolitik des heutigen Staates „Israel“ kann daher redlicherweise weder als „antisemitisch“ noch als „antijüdisch“ kompromittiert werden, im Gegenteil: Eine Kritik aus der Sicht der biblischen Propheten würde der ursprünglichen Bestimmung des historischen Israels, Friedensbote und „Licht für die Welt“ zu sein, entsprechen. Der Messias hat dies in den „Seligpreisungen“ seiner berühmten „Bergpredigt“ (Mt 5,1-16) und gleichzeitig in der denkbar schärfsten Abrechnung mit dem damals schon entstellten „Judentum“ (Mt 23) nachhaltig unterstrichen! Das war kein „antijüdisches“ Plädoyer, sondern eine autoritative Apologie des Meisters, um ein für allemal unmissverständlich klarzustellen, was entsprechend den Schriften wahres Jude-Sein (und damit „Christ“-Sein) ist und was es nicht ist.

Christentum versus Folklore-Kirchentum

So auch der Begriff „Christentum“, der – wohl unbedacht – oft gebraucht wird, wenn es in Wirklichkeit um den Rück- oder Abfall vom neutestamentlichen Glauben in abergläubische, heidnische Riten und Gebräuche, neuerlich versklavende Gesetzlichkeit und elitäre (klerikale!) Dünkel, um Führer- und Personenkult geht.

Dem Delirium des Spätjudentums vergleichbar war das Abgleiten der Mainstream-Christenheit vom schlichten Evangelium seit der „Konstantinischen Wende“ unter Außerachtlassung der expliziten Warnung des Messias vor Überhebung und machtgieriger Korrumpierung seiner Schüler (Mt 20,25-28; vgl. Röm 11,22). Statt vom  „ C h r i s t e n t u m “ kann höchstens von  f o l k l o r e h a f t e n ,   v o l k s t ü m l i c h e n   V a r i a n t e n   d e r   „ C h r i s t e n h e i t “ oder von  „ K i r c h e n t u m “ gesprochen werden.

Keineswegs geht es bei diesen „Varianten“ primär um „verschiedene  I n t e r p r e t a t i o n e n  des Christentums“, denn die wesentlichen Lehren des Neuen Testaments (unabhängig davon, ob man an sie glaubt oder nicht) sind inhaltlich ebensowenig missverständlich wie die wesentlichen Lehren von Mose und den Propheten, z.B. das 4-fache Barmherzigkeitsgebot und das 12-fache Gerechtigkeitsgebot Moses (2.Mo 22,20-26; 23,1-9) oder die radikale Sozialkritik der Schriftpropheten. All dies bedarf keiner großartigen Interpretationskünste, sondern spricht für sich. Angesichts der klaren Prinzipien der Bergpredigt des Messias oder des „Hohelieds der Liebe“ in 1.Kor 13 kann daher „DAS Christentum“ für „heilige“ Kriege und Menschenrechtsverbrechen der Kirchengeschichte, für „Kreuzzüge“ und „Inquisitionen“ oder zur Legitimierung militanter Kirchenstaaten, repressiver Staatskirchen und deren autokratischer Kirchenfürsten nicht herhalten, welche die Religionsfreiheit eineinhalb Jahrtausende lang mit Füßen getreten haben, auch wenn dies alles im Namen „DES Christentums“ begangen worden sein mag.

Die Lehre des Messias – auch und gerade in der Bergpredigt (Mt 5-7) – ist voller Warnungen vor (un-) frommer Heuchelei, religiösem Betrug und scheinheiligen Schwüren, vor falschen Propheten, die sich fromm gebärden, und nicht zuletzt vor der missbräuchlichen Anwendung von Bibelversen (beispielhaft nachzulesen etwa in Mt 4,6-7). „DEM Christentum“ also anzulasten, was faktisch gegen alles verstößt, wofür das  h i s t o r i s c h e  Christentum, die Lehre der Apostel gemäß Apg 2,42 und die Auslegung des Alten Testaments auf den Messias Jesus hin steht, wird einer fairen Beurteilung nicht gerecht.

Aufgrund der Abwege des Spätjudentums und der Irrwege in der Geschichte der Christenheit wurden sowohl „DAS Judentum“ in der Antike als auch „DAS Christentum“ in der Moderne und Postmoderne pauschal von Außenstehenden verantwortlich und in Misskredit gebracht – zu Unrecht.

Insofern trifft die von gewissen Kreisen auffällig bemühte „Kriminalisierung DES [sic!] Christentums“ ins Leere. Es wäre aber zu kurz gegriffen zu meinen, dass es sich dabei um mangelndes Unterscheidungsvermögen und schlechtes Augenmaß handle. Denn deren publizistische Protagonisten lancieren diese Art von pauschaler Brandmarkung nur allzu militant, auch wenn sie ihre dahinterstehende totalitaristische Ideologie mit dem Etikett „Aufklärung“ und mit klingenden Namen wie Giordano Bruno „wissenschaftlich“ zu bemänteln trachten. Dementsprechend vermögen sie nicht wahrzuhaben, dass sie in ihrer rabiaten Polemik die gebotene schriftstellerische Sorgfaltspflicht preisgegeben und ihre Unseriosität unübersehbar zu Schau gestellt haben. Für diese Selbstdisqualifizierung könnten beredte Fallbeispiele vorgeführt werden.

Zusammenfassung und Fazit

Der Begriff „Christentum sollte ausschließlich jener ursprünglichen Lehre vorbehalten bleiben, wie sie im Neuen Testament durch Jesus und seine Schüler proklamiert, gelehrt und als  F r o h e   B o t s c h a f t  (griech.: „Evangelium“) von Anfang an verkündet worden ist – in konsequenter Fortführung und Vollendung der geweissagten Vor-Ankündigungen in der Thora und in den alten Prophetenschriften. So wie ein von Talmud, Maimonides und schließlich dem Chassidismus, insbesondere der kabbalistisch-rassistischen Chabat-Dynastie * * * *  bis zur Unkenntlichkeit verändertes „Judentum“ nicht als ursprüngliches Judentum verstanden werden kann * * * * * , ist analog dazu auch ein klerikales, zentralistisch-hierarchisch organisiertes Kirchentum mit nachweislich neuplatonischen, aristotelischen und animistischen Einflüssen kein Christentum mehr im ursprünglichen, neutestamentlichen Sinn. Nicht um „Christentum“ geht es dabei, sondern allenfalls um „unterschiedliche  A u s p r ä g u n g e n  in der Christenheit“, wenn bibelfremde Lehren und Gebräuche wie Sakramentalismus, Totenkult („Heiligen“-Verehrung, „Fegefeuer“- und Ablass-Dogmen), „Kirchenjahr“, Personenkult, Staatskirchentum, Zentralismus, Kreuzzüge, Inquisitionen und dergleichen dem ursprünglichen, authentischen Christentum diametral zuwider laufen.

Also: nicht pauschal „Christentum“, sondern präziser: Römischer Katholizismus, ägyptisches oder amharisches Koptentum, libanesisches Maronitentum, orientalisch-orthodoxe Christenheit, Armenische Staatskirche oder was auch immer.

Dagegen verdienen nur solche Glaubensbewegungen – im Allgemeinen außerhalb großkirchlicher Machtstrukturen und von deren Handlangern zumeist gnadenlos verfolgt – das „Prädikat Christentum“, die ungeheuchelt in der gewaltfreien Messias-Jesus-Überlieferung des Neuen Testaments standen und lebten bzw. leben. Die Friedensfackel des unverfälschten Evangeliums ist zu allen Zeiten seit der Apostelgeneration – selbst durch die härtesten Verfolgungen hindurch – von Messias-Nachfolgern weitergereicht worden, denen der Beistand des erhöhten Messias „alle Tage bis ans Ende der Weltzeit“ von diesem selbst zugesichert worden ist (Mt 28,20; Lk 12,32).

* * * * Lit.: Israel Shahak / Norton Mezvinsky: „Jewish Fundamentalism in Israel“, New Edition 2004.

* * * * * Eine diesbezügliche Ausnahme stellt die nichtsemitische, turkstämmige Volksgruppe der Karäer dar, die sich im frühen Mittelalter (8.-10. Jahrhundert) in den Gebieten des Schwarzen und des Mittelmeeres gebildet hatte. Bedeutende Zentren waren neben der Halbinsel Krim auch Anatolien. So sollen Karäer im Reich der Chasaren, dessen Führungsschicht sich schließlich zum Judentum bekannte, erfolgreiche Missionsarbeit geleistet haben. Sie lehnten den Talmud und die mündlichen Überlieferungen des rabbinischen Judentums ab. So wies ihr Kalender zahlreiche Abweichungen von dem traditionellen jüdischen Kalender auf. Stattdessen leben die Karäer strikt nach der geschriebenen Thora und interpretieren alle Gebote (hebr. Mitzwa) der Thora ausschließlich aus dieser selbst. Eine talmudische Tradition oder ein daraus abgeleitetes Dogma lehnt die Religionsgemeinschaft der Karäer ab (nach Wikipedia).

Damit ist gleichzeitig auch klargestellt, dass Menschen, die sich heute „Juden“ nennen, nicht notwendigerweise genetisch von den Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs bzw. dem alten Israel abstammen (schon gar nicht unvermischt) und dass eine genetisch-judaistische Interpretation biblischer Heilsgeschichte wie auch der Mythos einer zukünftigen „Rückführung der Juden nach Israel“ unhaltbar ist. Das aber haben bereits Jesus und die von ihm gelehrten Apostel autoritativ zum Ausdruck gebracht, etwa im sogenannten „Hebräerbrief“ des Neuen Testaments.

© benaja.at, 9. Juli 2011

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